„Am meisten vermisse ich die Sonne“, sagt Santiago Miguel Alonso Buers
über Deutschland. Seit einem Jahr ist der junge Spanier als
Fremdsprachenassistent an der Kaufmannsschule II – am 29. Mai geht es
für ihn zurück ins heimische Salamanca, um seine Bachelor-Arbeit
abzugeben. Dann ist er Übersetzer – und wahrscheinlich arbeitslos.
Kriselndes Spanien
Denn in
Spanien herrscht Krisenstimmung – viele Banken und Privatleute sind
verschuldet, der Arbeitsmarkt hat jungen Leuten kaum etwas zu bieten.
„Wer studiert hat, hat so gut wie keine Chance“, erklärt der 25-Jährige
in fließendem Deutsch. „Mit einer Ausbildung sieht es auch nicht viel
besser aus.“ Alonso hat studiert, war in Barcelona und Manchester.
Bekommt er keinen Job in Spanien, fällt er auch durch das soziale Netz,
muss zu seinen Eltern zurückziehen: „Nur wer lange gearbeitet hat in
seinem Leben, bekommt pro Monat 400 Euro Unterstützung vom Staat.“
Eine
Option besteht für den angehenden Übersetzer darin, in Deutschland zu
arbeiten – immerhin spricht er drei Sprachen fließend. „Aber eigentlich
würde ich gern in Spanien bleiben.“ Auch der Sonne wegen. Diese Wahl
haben viele andere junge Spanier nicht. Alonso beschreibt: „In Spanien
lernen die meisten nur eine Fremdsprache, und das ist häufig
Französisch.“ Englisch oder gar Deutsch sind kaum verbreitet. „Es gibt
die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, aber die Berufseinsteiger haben
Angst, wegzugehen, wenn sie die Sprache nicht sprechen.“
Viele seiner Freunde, führt Alonso aus, seien gut ausgebildet – Ärzte etwa – und arbeitslos.
Kultur erlebbar machen – durch Muttersprachler
Santiago
Alonso Buers indessen fühlt sich wohl in Deutschland, und davon
profitieren auch die Hohenlimburger Schüler. „Für unsere Schule ist Herr
Alonso ein absoluter Glücksfall“, sagt Thomas Vogl, Leiter der
Kaufmannsschule II. Im Rahmen des Erasmus-Austauschprojekts war der
Halbspanier, seine Mutter ist Deutsche, an die Lenne gekommen, um als
Muttersprachler Spanisch-Lehrerin Martina Koch zu unterstützen und
zugleich die spanische Sprache und Kultur für die Schüler erlebbar zu
machen.
„Ich habe Schüler auf die mündliche Abi-Prüfung in
Spanisch vorbereitet“, erklärt Alonso und ergänzt: „Das Sprechen ist
nämlich sehr wichtig.“ Auch auf Klassenfahrten hat er Schüler begleitet,
sich gut mit ihnen verstanden. „Ich bin jünger als die Lehrer“, sagt
Alonso, „und interessiere mich genauso für Fußball, Disco, Urlaub, Filme
und Literatur wie die Schüler.“ Doch der spanische Gast hatte noch eine
weitere wichtige Funktion: „Es geht auch um Völkerverständigung“,
bringt es Thomas Vogl auf den Punkt.
„Vielleicht hänge ich noch
ein Master-Studium hinten dran, mache ein Referendariat und werde
Lehrer“, verrät Alonso. Vielleicht wird ja mal ein spanischer
Muttersprachler in Hohenlimburg unterrichten.
Ingo Schmidt